Hinweis: Bei diesem Artikel handelt es sich um rein informativen Inhalt. Die Informationen ersetzen zu keinem Zeitpunkt eine ärztliche Behandlung und Beratung. Entscheidungen bezüglich Medikation und Therapie müssen unbedingt ärztlich abgesprochen werden.
Auf dem Weg zur Rheuma-Diagnose haben vermutlich die meisten Patientinnen und Patienten schon einmal den Begriff HLA B27 gehört und wurden eventuell gefragt, ob sie HLA B27 positiv sind. Doch was hat es damit auf sich?
HLA B27 gehört zu den Humanen-Leukozyten-Antigenen (HLA). Hierbei handelt es sich um Eiweiße, die auf der Oberfläche fast aller Körperzellen vorkommen und für das Immunsystem und Abwehrreaktionen wichtig sind. Es gibt verschiedene Formen dieser HLA-Eiweiße – welche hiervon im Körper vorkommen, unterscheidet sich von Mensch zu Mensch. Die Variation HLA B27 tritt in Westeuropa bei ungefähr sechs bis neun Prozent der Bevölkerung auf und ist entsprechend eher selten. Sie kommt jedoch verstärkt bei Patientinnen und Patienten mit bestimmten Erkrankungen, insbesondere dem Morbus Bechterew (Axiale Spondyloarthritis), vor und ist deshalb im medizinischen Kontext von Bedeutung. Neben dem Rheumafaktor ist HLA B27 der vermutlich bekannteste Blutwert im Rahmen der Rheuma-Diagnostik.
Ein HLA B27-Test im Blutbild empfiehlt sich, wenn bei Patientinnen und Patienten Morbus Bechterew-Symptome auftreten und entsprechend die Vermutung einer rheumatischen Krankheit besteht. Die Bestimmung von HLA-B27 dient hier also zur Bestätigung beziehungsweise zum Ausschluss einer Verdachtsdiagnose im Rahmen der Diagnostik und wird in der Regel von einem Rheumatologen initiiert. Wird die Untersuchung von HLA B27 mittels Bluttest ärztlich veranlasst, übernehmen sowohl gesetzliche als auch private Krankenkassen die Kosten für den Test.
Grundsätzlich ist zu beobachten, dass HLA B27 familiär gehäuft auftritt. Ohne entsprechenden Krankheitsverdacht ist es jedoch nicht sinnvoll, Personen auf HLA B27 untersuchen zu lassen – also beispielsweise dann, wenn ein naher Angehöriger, wie etwa die Mutter, mit einer diagnostizierten entzündlich-rheumatischen Erkrankung HLA B27 positiv ist, man jedoch keine entsprechenden Beschwerden aufweist. Zum einen erkranken nicht alle Träger des Eiweißes an einer Form von Rheuma. Zum anderen ließe sich der Krankheitsausbruch von Morbus Bechterew oder einer anderen Erkrankung auch bei Wissen um HLA B27 nach jetzigem Stand der Medizin nicht verhindern, weshalb die Kenntnis über den HLA B27-Status bei einer gesunden Person keinen praktischen Nutzen bringt und Personen sogar eher verunsichern könnte.
Der Nachweis von HLA B27 hat isoliert betrachtet keine starke Aussagekraft. Leiden Betroffene jedoch an typischen Rheuma-Symptomen, spricht ein positiver HLA B27-Wert stark für eine tatsächliche Erkrankung und erhärtet den Verdacht auf dem Weg zur gesicherten Diagnose einer spezifischen, rheumatischen Erkrankung. Besonders häufig HLA B27-positiv sind Patientinnen und Patienten mit Morbus Bechterew: 87 bis 95 Prozent aller Betroffenen haben hier einen HLA B27-positiven Blutwert. Darüber hinaus taucht der Wert gehäuft bei Patientinnen und Patienten mit anderen Formen der Spondyloarthritis, wie etwa der reaktiven Arthritis, Psoriasis-Arthritis oder juveniler idiopathischer Arthritis (JIA), auf. Bei rheumatoider Arthritis, der am häufigsten vorkommenden entzündlich-rheumatischen Erkrankung, kommt HLA B27 nur bei knapp 10 Prozent der Patientinnen und Patienten vor.
Morbus Bechterew ist eine komplexe Erkrankung, deren genaue Ursachen bis heute nicht vollständig geklärt sind. So ist das Vorhandensein von HLA B27 nur ein Baustein auf dem Weg zur Diagnose Morbus Bechterew. Bei betroffenen Patienten lässt sich zwar eine sehr starke Häufung beobachten, der Genfaktor alleine ist jedoch keine Krankheitsursache. Entsprechend ist HLA B27 lediglich als einer von vielen möglichen Hinweisen auf die Erkrankung zu verstehen.
Leider dauert es auch heute noch im Durchschnitt mehrere Jahre, bis die Diagnose Morbus Bechterew gestellt wird. Ein Grund dafür ist, dass fälschlicherweise bei dem Befund HLA B27 negativ, insbesondere von Allgemeinmedizinern, Morbus Bechterew als Ursache für mögliche Beschwerden häufig ausgeschlossen wird. Bleibt der Nachweis aus, wird häufig in andere Richtungen weitergeforscht, wodurch sich die Diagnose verzögert – obwohl man bereits Anhaltspunkte für Morbus Bechterew hatte.
Die Diagnose von Morbus Bechterew bei HLA B27-negativen Patienten erfordert eine sorgfältige klinische Bewertung und den Einsatz verschiedener diagnostischer Methoden. Wenn Du Dich noch auf dem Weg zu einer Diagnose befindest, kannst Du dich an folgenden Punkten orientieren:
Morbus Bechterew ist auch bei einem negativen HLA B27-Befund möglich und sollte im Auge behalten werden.
NetDoktor GmbH: “HLA B27”, unter: www.netdoktor.de (Abruf: 15.11.2021)
Deutsche Vereinigung Morbus Bechterew e.V. Bundesverband: „FAQ – Häufig gestellte Fragen zu Morbus Bechterew“, unter: www.bechterew.de (Abruf: 15.11.2021)
IMD Institut für Medizinische Diagnostik Berlin-Potsdam GbR: „Spondylarthritiden (SpA)“, unter: www.imd-berlin.de (Abruf: 15.11.2021)
Labor Berlin – Charité Vivantes GmbH: „HLA B27 PCR“, unter: www.laborberlin.com (Abruf: 15.11.2021)
Langer, H.E.: „M. Bechterew und Vererbbarkeit“, unter: www.rheuma-online.de (Abruf: 15.11.2021)
Manger, B. & Schulze-Koops, H.: Checkliste Rheumatologie, Georg Thieme Verlag, 4. Auflage, 201
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