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Rheumatoide Arthritis/ Chronische Polyarthritis

Symbolbild Rheuma Hand

Hinweis: Bei diesem Artikel handelt es sich um rein informativen Inhalt. Die Informationen ersetzen zu keinem Zeitpunkt eine ärztliche Behandlung und Beratung. Entscheidungen bzgl. Medikation und Therapie müssen unbedingt ärztlich abgesprochen werden.

Die Rheumatoide Arthritis (RA) ist die verbreiteteste Form entzündlich-rheumatischer Erkrankungen. Wenn im Alltag von “Rheuma” gesprochen wird, ist meistens die Rheumatoide Arthritis gemeint. Bekannt ist die Erkrankung auch unter den Namen “(chronische) Polyarthritis” oder “polyarthritis rheumatica”. Laut dem derzeitigen Stand der Forschung handelt es sich bei der Rheumatoiden Arthritis um eine chronisch verlaufende Autoimmunerkrankung, also eine Krankheit, bei welcher das Immunsystem aufgrund einer Fehlfunktion den eigenen Körper angreift. Bei der RA werden körpereigene Strukturen - meistens die Gelenke und Gelenkschleimhäute - angegriffen. Es können allerdings (eher selten) auch andere Organe, wie z.B. die Augen oder die Haut betroffen sein. Unbehandelt kann die Erkrankung zu schweren Einschränkungen führen, dank moderner medikamentöser Therapien inzwischen gut behandelt werden. Welche typischen Symptome für eine Rheumatoide Arthritis sprechen, welche Ursachen diskutiert werden, welche verschiedenen Verlaufsformen es gibt und auf welche möglichen Begleiterkrankungen Du achten solltest, erfährst Du in diesem Artikel.

Wichtig: Dieser Artikel gibt einen Überblick über das Krankheitsbild der Rheumatoiden Arthritis. Informationen zu verschiedenen Sonderformen, der genauen Diagnostik und Behandlungsmöglichkeiten findest Du in den im Text verlinkten Artikeln.

Symptome bei Rheumatoider Arthritis

Im Folgenden zeigen wir die häufigsten Symptome und Beschwerden auf, die mit der RA einhergehen. Bitte Bedenke: Bei all den möglichen, oft erschreckenden Symptomen - es müssen bei Weitem nicht alle bei Dir zutreffen! Die Erkrankung zeigt sich bei jedem individuell und Du kannst zusammen mit Deinem Arzt den Verlauf Deiner RA durch eine möglichst frühzeitige, passende Therapie und Lebensweise positiv beeinflussen!

Gelenkschmerzen und Entzündungen

Das charakteristischste Merkmal der rheumatoiden Arthritis ist in aller Regel eine Entzündung der Gelenke. Typischerweise sind beide Körperhälften symmetrisch befallen, also beispielsweise die Finger beider Hände. Anfangs sind häufig die kleinen Finger- und Zehengelenke betroffen, die Fingerendgelenke bleiben in der Regel ausgespart. Mit der Zeit können große Gelenke wie Schulter und Knie, Ellenbogen, Hüfte oder die Halswirbelsäule hinzukommen. Neben den Gelenken können sich auch Sehnenscheiden und Schleimbeutel entzünden.

Bildung von Rheumaknoten

Als charakteristisches Merkmal bilden sich darüber hinaus bei bis zu 20% der Betroffenen sogenannte Rheumaknoten aus, besonders im Bereich der Ellenbogen und der Finger. Diese liegen unter der Haut, sind weich sowie verschiebbar und nicht mit durch Arthrose verursachte Verformungen zu verwechseln. 

Morgensteifigkeit der Gelenke

Wie der Name schon verrät, tritt eine Morgensteifigkeit in der Regel am Morgen bei und nach dem Aufstehen auf. Betroffene haben oft das Gefühl, wach zu werden und sich wie in einem Gipskostüm gefangen zu fühlen. Dieser Zustand hält über eine längere Zeit an (>30 min), bis die Beschwerden dann im Laufe des Tages abklingen und der Betroffene seine Gelenke wieder normal bewegen kann. Mit der medikamentösen Basistherapie kann die Morgensteifigkeit hinsichtlich Dauer und Intensität reduziert werden.

Knöcherne Deformierung und Bewegungseinschränkung

Im weiteren Verlauf (insbesondere, wenn die RA unbehandelt bleibt) kann die rheumatoide Arthritis die Knochen an den Ansatzstellen der Gelenkkapsel angreifen. Außerdem kann es zu einem Abbau des Gelenkknorpels kommen. Fortschreitende Entzündungen können die Gelenkflächen zerstören und zu Gelenkfehlstellungen und eingeschränkter Beweglichkeit führen - nicht zuletzt durch die teilweise erheblichen Schmerzen. 

Allgemeines Krankheitsgefühl

Rheumatoide Arthritis kann sich auch durch verschiedentlich lang anhaltende, allgemeinere Krankheitssymptomatiken bemerkbar machen. Dazu zählen u.a. Müdigkeit, Leistungsschwäche, Schlafstörungen, Fieber, Nachtschweiß oder Gewichtsverlust.

Rheumatoide Arthritis: Zahlen und Fakten

Häufigkeit

In Deutschland geht man davon aus, dass die Rheumatoide Arthritis ca. 0,8 Prozent der Bevölkerung betrifft. In absoluten Zahlen bedeutet dies, dass es etwa 550.000 Betroffene gibt. Laut Daten der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh) beläuft sich die Anzahl an Neuerkrankungen auf etwa 20-40 Personen je 100.000 pro Jahr. Es wird allerdings geschätzt, dass die Dunkelziffer aufgrund der erschwerten Diagnostizierbarkeit noch deutlich höher liegen könnte.

Geschlechtsspezifische Unterschiede

Frauen erkranken rund doppelt so häufig an der RA wie Männer. Darüber hinaus erkranken Frauen im Durchschnitt etwa ein Jahrzehnt früher als Männer an rheumatoider Arthritis und sind entsprechend jünger. Sie empfinden stärkere Schmerzen an den Gelenken, meist beginnend an Fingern und Zehen. Laut Patientenbefragungen liegt der Anteil an Patientinnen mit massiven Gelenkschmerzen zwischen 1 und 25 Prozent, bei Männern sind es 9 bis 21 Prozent. Dieser Unterschied wird ab dem 60. Lebensjahr besonders deutlich.

Alter bei Krankheitsbeginn

RA kann in jedem Alter beginnen und entsprechend sind auch junge Menschen betroffen. RA tritt dabei am häufigsten zwischen dem 35. und 45. Lebensjahr sowie jenseits des 60. Lebensjahres auf. Allgemein gilt: Je höher das Alter, desto häufiger tritt die RA auf. Die höchste Diagnoseprävalenz (also die Gesamtzahl aller Krankheitsfälle in einem Zeitraum von… bis) wird bei Frauen und Männern in der Gruppe der 75- bis 79-Jährigen erreicht. In ihren Sonderformen kann die RA aber auch Kinder betreffen! Bei erkrankten Kindern spricht man von der Juvenilen Arthritis.

Ursachen der Rheumatoiden Arthritis

Die RA als Autoimmunreaktion

Nach dem derzeitigen Stand der Forschung handelt es sich bei der Rheumatoiden Arthritis und ihren Untergruppen um Autoimmunerkrankungen. Das bedeutet, dass der Körper aufgrund einer Fehlfunktion des Immunsystems körpereigene Strukturen - wie etwa die Gelenke - attackiert, was zu chronischen Entzündungen führt. Das bedeutet auch, dass der Erkrankung - anders als bei anderen Rücken- oder Gelenkleiden- kein äußerer Einfluss (wie etwa ein Unfall) zugrunde liegt. Diese Ursache ist auch die Erklärung dafür, dass die RA als systemische Erkrankung neben den Gelenken andere Bereiche des Körpers betreffen kann.

Familiäre Veranlagung

Da häufig mehrere Mitglieder einer Familie erkranken, vermutet die Wissenschaft eine genetische Veranlagung, die den Ausbruch der RA begünstigen könnte. Allerdings scheint wohl eher nur eine Veranlagung zur Krankheit vererbbar, nicht aber die RA selber. Somit ist die RA zwar keine klassische Erbkrankheit, kann aber im erweiterten Sinne durchaus als erblich betrachtet werden.

HLA-DR4/DRB1

Viele Patienten mit RA weisen Gemeinsamkeiten in den sogenannten HLA-Eiweißen auf. HLA steht dabei für "Human Leukocyte Antigen". Die HLA-Eiweiße markieren Zellen als körpereigen oder körperfremd. So weiß das Immunsystem, welche Zellen (körperfremde) angegriffen werden sollen und welche nicht (körpereigene). Bestimmte Veränderungen in den HLA-Genen können jedoch dazu führen, dass diese Unterscheidung nicht mehr klappt und das Immunsystem körpereigene Strukturen angreift (Autoimmunreaktion). Untersuchungen haben weiterhin gezeigt, dass rund 70 Prozent der rheumatoiden Arthritis-Patienten das HLA-Gen DR4/DRB1 in sich tragen. In der gesunden Bevölkerung haben nur etwa 25 Prozent der Menschen diese Genvariante.

ACPA

Menschen, die unter einer RA leiden, haben vermehrt Antikörper gegen sogenannte “citrullinierte Proteine” im Blut (ACPA), die ähnlich wie der bereits genannte Rheumafaktor funktionieren. Diese gelten als zuverlässige Indikatoren, also Hinweisgeber, um den Verlauf und die Schwere der Gelenk- und Knochenerosion (Schädigung der genannten Strukturen) abzuschätzen. Das Vorhandensein von ACPA hängt sehr stark mit dem Vorhandensein einer RA zusammen- nämlich bis zu 97 Prozent. Daher wird untersucht, ob die Ausbildung dieser Antikörper genetische Ursachen haben könnte. 

Einflüsse der Umwelt auf Entstehung und Verlauf der Rheumatoiden Arthritis

Neben den genannten Aspekten werden auch umweltbedingte Faktoren mit Entstehung und Verlauf der Rheumatoiden Arthritis in Verbindung gebracht.

Witterung

Vielleicht kennst Du es auch- kaltes und nasses Wetter wirkt sich eher ungünstig auf den Verlauf rheumatischer Erkrankungen aus.Es wird von vielen Betroffenen mit vermehrten Beschwerden (z.B. Schmerzen, Schwellungen, Steifheit der Glieder) in Verbindung gebracht. Ob sie jedoch auch ursächlich für die Krankheitsentstehung sein können, ist unklar.

Ernährung

Auch die Ernährung kann- ergänzend zu einer medikamentösen Therapie- einen Einfluss auf den Verlauf der RA und Dein Wohlbefinden haben. Inwieweit eine ungünstige Ernährung eine Rheumatoide Arthritis aber auslösen kann, ist jedoch nicht bekannt.

Übergewicht und Vorerkrankungen

Allgemeine Risikofaktoren wie Übergewicht oder Erkrankungen wie Bluthochdruck oder Diabetes treten gehäuft in Verbindung mit der RA auf. Inwieweit diese vorliegenden Risikofaktoren aber ursächlich für die RA sein können, ist allerdings nicht abschließend geklärt.

Mentale Vorbelastungen

Neben den genannten Aspekten können auch mentale Vorbelastungen einen starken Einfluss auf den Verlauf Deiner rheumatoiden Arthritis haben und stehen darüber hinaus im Verdacht, den Krankheitsausbruch zu begünstigen. Endgültige Aussagen hierzu gibt es bislang jedoch noch nicht.

Stressoren

Konstanter, niedrigschwelliger Stress (sog. “minor” Stress) könnte den Ausbruch und den Verlauf einer RA negativ beeinflussen. Der Begriff bedeutet vor allem den alltäglichen Stress durch Arbeit, Beziehungsprobleme, finanzielle Schieflagen oder Ähnliches. Explizit nicht gemeint sind sog. große Stressoren wie der Tod eines Verwandten oder eine Scheidung. Minor Stress kann nachgewiesenermaßen sowohl die Symptome und die Entzündungsaktivität verstärken als auch zur Auslösung von Schüben beitragen, deswegen steht er auch im Verdacht, einer der Initiatoren der eigentlichen Erkrankung zu sein.

Rauchen

Als gesichert betrachtet werden kann, dass zumindest zwischen dem Rauchen und dem Ausbruch der RA ein starker Zusammenhang besteht.  Untersuchungen haben gezeigt, dass Rauchen das Erkrankungsrisiko signifikant erhöht und den Krankheitsverlauf ungünstig beeinflusst. Therapien schlagen bei Rauchern außerdem schlechter an und die Krankheit verläuft auch schwerer. Entsprechend ist es immer ratsam, so früh wie möglich mit dem Rauchen aufzuhören.

Krankheitsverlauf und Faktoren der Aufrechterhaltung

Die RA begleitet Betroffene ein Leben lang- so ist zumindest der derzeitige Stand. Es hilft, wenn Du die verschiedenen Krankheitsphasen und Verlaufsformen kennst und einordnen kannst, um Dich auf Deiner Reise mit der RA besser zurechtzufinden. Darüber hinaus ist es wichtig, Zeichen der Krankheitsaktivität und Entwicklung zu erkennen, damit Du gegensteuern kannst.

Schubartige vs. schleichend zunehmende Krankheitsaktivität
Meist ein zaghafter Beginn

Die rheumatoide Arthritis verläuft sehr unterschiedlich und individuell. Meist beginnt sie zeitgleich schleichend an den kleinen Finger- und Zehengelenken bzw. an beiden Händen/Füßen. Sie kann aber auch abrupt auftreten und zu Beginn nur wenige, auch größere Gelenke einer Seite befallen, z. B. Knie, Schulter oder Ellenbogen.

Oftmals unspezifische Symptome

Oft kommen zu Beginn der Krankheit auch Beschwerden unbestimmter Natur vor. So kann eine beginnende RA sich beispielsweise erst durch leichte, auf- und abflauende Gelenkschmerzen bemerkbar machen, die vom Betroffenen zunächst als weniger schlimm eingestuft werden. Dazu kommen können diffuse, also unkonkrete Beschwerden - wie ein Jucken der Augen, Erschöpfung oder leichtes Unwohlsein und Verspannungen. Da ein Auslöser nicht bekannt ist, werden diese Beschwerden anfangs auch oft falsch eingeordnet/nicht an Rheuma gedacht.

Mit der Zeit steigende Intensität der Erkrankung 

Mit der Zeit treten die Symptome dann allerdings meist öfter und heftiger auf, bis sie sich schließlich in einem länger anhaltenden “Schub” manifestieren. Die Entzündungsaktivität wird stärker, schmerzhafter und hält während des Schubes dauerhaft an. Über größere Zeiträume wechseln sich solche Schübe typischerweise mit unterschiedlich langen Perioden der Inaktivität ab, in denen die Erkrankung weniger aktiv bis teilweise gar nicht präsent zu sein scheint. 

Mögliche Verlaufsformen der Rheumatoiden Arthritis

Den Ausprägungsgrad der Krankheit nennt man Verlaufsform. Generell unterscheidet man in zwei mögliche Verlaufsformen. Auch hier kann eine frühzeitige, angepasste Therapie positiv Einfluss nehmen.

  • Progredient (fortschreitend oder auch aggressiv genannt): Die Krankheit kann mit unterschiedlicher Geschwindigkeit kontinuierlich und/oder schubweise stark voranschreiten.
  • Intermittierend (mit Unterbrechungen auftretend) oder mild: Betroffene zeigen im Verlauf immer wieder Phasen mit einer deutlichen Besserung ihrer Beschwerden. Die Neigung zur Ausbildung von Gelenkschäden und Funktionsbehinderung ist meist geringer als bei den anderen Verlaufsformen.

Auch seltene Verlaufsformen sind bei Rheumatoider Arthritis möglich

Neben den geschilderten Verlaufsformen gibt es auch eine Reihe seltenerer Verlaufsformen der Rheumatoiden Arthritis. Diese haben wir in diesem Schwerpunkt-Artikel einmal näher beleuchtet.

Frühzeitige und konsequente Therapie entscheidend für einen milden Verlauf

Ja, die RA kann also deutliche Einschränkungen mit sich bringen, ABER: Schwere Einschränkungen in der Funktionsfähigkeit (z.B. durch Gelenkdeformitäten) und das Risiko einer schweren Verlaufsform generell können durch eine angepasste, frühzeitige Therapie deutlich minimiert werden. 

Darüber hinaus kann es durch die passende Therapie zur sogenannten Remission kommen - einem Krankheitsstillstand, bei dem weitestgehend vollständige Beschwerdefreiheit erreicht wird. Wann von einer Remission gesprochen wird, kann unterschiedliche Kriterien haben. Bei der RA ist damit in der Regel das Ausbleiben von geschwollenen Gelenken und den zugrundeliegenden Entzündungen gemeint. 

Man kann daher nicht oft genug betonen, wie entscheidend ein frühestmöglicher Therapiebeginn ist!

Verlauf ohne Behandlung

Schwerere Verläufe ohne Therapie

Auch unbehandelt verläuft die rheumatoide Arthritis sehr unterschiedlich- aber schlechter als behandelt! Sie kann gleichmäßig und innerhalb von Wochen oder Monaten fast alle Gelenke befallen- oder jahrelang auf wenige Gelenke beschränkt bleiben und plötzlich schubweise wieder aktiv werden. Bei 10-30% der Patienten verläuft die Erkrankung mild und stabil, auch bei keiner oder nur geringer Dosis von Basismedikamenten- bei 70% der Erkrankten dagegen verschlimmert sie sich im Laufe der Jahre immer mehr, wenn sie nicht optimal mit Basismedikamenten behandelt wird.

Unbehandelt höhere Sterblichkeit im Vergleich zur Normalbevölkerung

Patienten mit rheumatoider Arthritis, die nicht nach heutigen Erkenntnissen und Möglichkeiten optimal behandelt werden, weisen eine gegenüber der Normalbevölkerung mehr als doppelt so hohe Sterblichkeit auf (ihre durchschnittliche Lebenserwartung ist um 3-13 Jahre geringer). Grund dafür ist, dass neben den Gelenken oft auch andere Organe -insbesondere Herz und Lunge- durch die chronischen Entzündungen in Mitleidenschaft gezogen werden. Besonders die Schädigung des Herzens und der Blutgefäße ist die Haupttodesursache bei unbehandelter rheumatoider Arthritis. Auch hier zeigt sich die Wichtigkeit einer frühzeitigen, konsistenten Therapie.

Schwierigkeit der Prognosestellung aufgrund stark individueller Verläufe

Da die RA leider oft erst spät erkannt wird und die Verläufe so individuell sind wie die Menschen, die sie befällt, fällt es Medizinern tendenziell schwer, verlässliche Prognosen für die jeweiligen Krankheitsverläufe abzugeben. Die Krankheit erlaubt bei rechtzeitiger Diagnosestellung und begleitender Behandlung heutzutage jedoch deutlich optimistischere Prognosen, als noch vor 30 Jahren.

Bei frühzeitigem Therapiebeginn darf man mittlerweile auf einen milden Krankheitsverlauf hoffen, bei dem u.U. sogar Krankheitsstillstand ein erreichbares Ziel ist und die Lebenserwartung wenig bis gar nicht verkürzt ist. Wenngleich es keine Garantien für einen gewissen Krankheitsverlauf gibt, gibt es doch relevante Kriterien, die wir uns im Folgenden anschauen wollen.

Prognostisch relevante Kriterien des Krankheitsverlaufs

Eine individuelle Prognoseabschätzung ist, wie bereits erläutert, zu Beginn der Erkrankung nur begrenzt möglich. Für eine adäquate Behandlung gilt es- insbesondere

bei noch nicht eindeutig diagnostizierter RA, der sogenannten undifferenzierten Arthritis und RA im frühen Stadium, milde von schweren Verläufen zu unterscheiden.

Etwa die Hälfte der Patienten mit noch undifferenzierter Arthritis und 2/3 aller Patienten mit einer frühen RA entwickeln im Verlauf von fünf Jahren eine wesentliche Funktionseinschränkung, die übrigen Patienten haben einen milden Verlauf.

Prognostisch ungünstige Kriterien

Prognostisch ungünstige Faktoren für eine RA, die teilweise durch Dein Verhalten beeinflusst werden können, sind

  • höheres Alter bei Beginn der Erkrankung (> 60 Jahre)
  • weibliches Geschlecht: Frauen erleiden eine größere Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit und die krankheitsbedingte Mortalität ist höher
  • fehlende soziale Bezugssysteme(z.B. kein familiärer Rückhalt), schlechte finanzielle Bedingungen 
  • Rauchen
  • positiver Rheumafaktor und/oder Antikörper gegen citrullinierte Peptide/Proteine
  • bereits eingetretene knöcherne Destruktion (Erosionen, Knochenödem)
  • verzögerter Therapiebeginn mit krankheitsmodifizierenden Medikamenten

Begleiterkrankungen

Wie Du schon gelernt hast, kann die RA mit einer ganzen Reihe an Begleiterscheinungen daher kommen. Diese als Komorbiditäten bekannten Begleiterkrankungen können vielerlei Formen annehmen und sind für manche Patienten sogar belastender als die Grunderkrankung selbst. So leiden viele Rheumakranke beispielsweise auch unter Depressionen oder Bluthochdruck. Um Komorbiditäten möglichst gar nicht entstehen zu lassen oder sie frühestmöglich zu erkennen, ist es wichtig, sich genauer damit auseinanderzusetzen. Zu wissen, was Dich potentiell erwarten könnte und worum es sich handelt kann Dir helfen, schneller die richtigen Schritte einzuleiten und gefasster darauf zu reagieren.

Sjögren-Syndrom

Eine Begleiterkrankung, die sich in erster Linie durch eine trockene Mundschleimhau äußert und extrem häufig in Verbindung mit der rheumatoiden Arthritis auftritt, ist das sogenannte Sjögren Syndrom. Detaillierte Informationen dazu findest Du hier.

Fatigue: Bleierne Erschöpfung

Ständige Schmerzen, schlechter Schlaf und wenig Erholung führen zwangsläufig zu Konzentrationsproblemen und Erschöpfung. Darüber hinaus können die entzündlichen Prozesse im Körper zur sogenannten Fatigue, also einer bleiernen, andauernden Erschöpfung führen, die den Alltag unter Umständen stark belastet und auch durch Schlaf nicht besser wird. 

Seelische Belastung

Eine Erkrankung wie die rheumatoide Arthritis kann viel Energie kosten und besonders lange, intensive Krankheitsphasen können sich auch durch Depressionen bemerkbar machen. Diese lassen sich zum einen auf durch die Erkrankung verursachte Schmerzen und Bewegungseinschränkungen zurückführen. Darüber hinaus können im Körper aktive Entzündungen psychische Probleme begünstigen. Mögliche Anzeichen für eine Depression sind ständige Müdigkeit, Antriebslosigkeit, Reizbarkeit oder auch Schlafstörungen. 

Organe und Nervensystem

Neben den Beschwerden in den Gelenken und im Bewegungsapparat, kann die RA auch gemeinsam mit Beschwerden an Organen einhergehen. Daher haben wir hier eine Liste von Körperregionen, die mit betroffen sein können, erstellt und geben Beispiele für mögliche Erkrankungen derer. Anhand dieser kannst Du dann besser einordnen, ob etwaige Beschwerden auf Deine RA zurückzuführen sind. 

Drüsengewebe

Die rheumatoide Arthritis kann die Tränen- und Speicheldrüsen befallen und das Drüsengewebe potentiell sogar zerstören. Dieser Verlauf wird auch Sicca-Syndrom genannt und betrifft etwa ein Drittel der Patienten. Die häufigsten Krankheitszeichen sind Mundtrockenheit und ein Mangel an Tränenflüssigkeit, wodurch ein Fremdkörpergefühl oder eine Rötung in den Augen vorkommen kann.

Blutgefäße

Entzündungen der Gefäßwände (Vaskulitis genannt) können sich in Durchblutungsstörungen äußern, die zu kleinen punktförmigen Wunden, zu Hautgeschwüren oder großflächigem Absterben von Gewebe führen können. Außerdem geht die rheumatoide Arthritis mit einer erhöhten Rate an Arterienverkalkung (Arteriosklerose) einher.

Herz

Patienten mit rheumatoider Arthritis haben-besonders unbehandelt- ein erhöhtes Herzinfarktrisiko. Die Arteriosklerose (Arterienverkalkung) der Herzkranzgefäße wird durch den entzündlich-rheumatischen Krankheitsprozess begünstigt und tritt bei aktiven Gelenkentzündungen häufiger auf. Neben dem rheumatischen Entzündungsprozess beeinflussen auch die Einnahme von nichtsteroidalen Antirheumatika (Schmerzmittel wie Ibuprofen) sowie Kortison (besonders in hohen Dosen über längere Zeit) das Auftreten von Herzerkrankungen negativ. Herzgefäßerkrankungen, Herzinfarkte und Co. kommen also häufiger vor. Die Einnahme dieser Medikamente sollte daher auf das unbedingt notwendige Maß begrenzt bleiben. Darüber hinaus kann eine rheumatoide Arthritis einen Herzklappenfehler und eine Entzündung des Herzmuskels sowie des Herzbeutels mit Herzbeutelerguss verursachen.

Lunge

Bei jedem 5. Patient mit rheumatoider Arthritis sind die Lungenbläschen entzündet. Die Entzündung kann unter Umständen zu einer zunehmenden Fibrose, also zu einer Verhärtung von Lungengewebe, führen. In der Regel ist dies nur mit einer speziellen Untersuchungsmethode nachweisbar (mit hochauflösender Computertomographie, HR-CT der Lunge- mehr hierzu im Modul 2 ”Behandlung”). Meistenteils ist -ohne dass eine entsprechende Symptomatik besteht- keine Behandlung erforderlich. In seltenen, ausgeprägten Fällen mit Lungenfibrose (Lungenverhärtung) sind Husten und Atemnot bei Belastung, bis hin zu generellen Atmungsschwierigkeiten die Folge. Neue Medikamente sind seit dem Jahr 2020 für Patienten mit ausgeprägteren rheumatischen Lungenveränderungen zugelassen und können den Verlauf der Erkrankung deutlich abmildern.

Nervensystem

Werden im Handgelenk durch Gelenk- und Sehnenentzündungen die Nerven abgedrückt, kann dies Fehlempfindungen, Unempfindlichkeit und Schmerzen auslösen (Karpaltunnel-Syndrom). Selten kann es im Rahmen der rheumatoiden Arthritis auch in Verbindung mit einer Gefäßentzündung zu Nervenschädigungen im Bereich der Füße und Beine kommen, einer sogenannten Polyneuropathie. Diese Nervenschädigungen gehen mit Fehlempfindungen, Taubheitsgefühl und oft brennenden Schmerzen einher. Manchmal treten auch Lähmungserscheinungen auf. Auch hier kann eine möglichst niedrige Krankheitsaktivität durch eine rheumatologische Therapie vorbeugen.

Magen-/Darm-Trakt

Entzündungen, Blutungen und Geschwüre der Magen- und Darmschleimhaut sind häufig Folge einer Behandlung mit Schmerzmitteln wie z.B.Ibuprofen oder Diclofenac. Vor allem bei älteren Patienten, die zusätzlich mit Kortison behandelt werden und/oder bereits früher ein Magen- oder Darmgeschwür hatten, ist das Risiko für eine Schädigung der Magen-Darmwand deutlich erhöht. In der Regel kann diese Magenschädigung durch einige nichtsteroidale Antirheumatika (Schmerzmittel) durch die Einnahme eines magenschutzenden Medikaments(sogenannte Protonenpumpen-Hemmer) verhindert werden. Das Risiko für eine Magen- und Darmschädigung ist bei Einnahme einer Sondergruppe der nichtsteroidalen Antirheumatika -den sogenannten Cox-2-Hemmern oder Coxibe- geringer.

Krebserkrankungen

Darüber hinaus ist bei einer entzündlich-rheumatischen Erkrankung insbesondere das Risiko an Knochenkrebs, Darmkrebs, Prostatakrebs oder Blutkrebs zu erkranken, erhöht. Dies heißt jedoch keinesfalls, dass diese Erkrankungen auch auftreten müssen! Warnsignale sollten jedoch ernst genommen und frühzeitig abgeklärt werden. Wichtig: die medikamentöse Behandlung ruft  die genannten Erkrankungen in der Regel nicht hervor und  sollte entsprechend keinesfalls ausgesetzt werden! 

Wichtig

Wir wissen, dass all die verschiedenen Erkrankungen, die mit der RA einhergehen können, erst einmal ganz schön bedrohlich wirken und ein mulmiges Gefühl im Bauch hinterlassen können. Umso wichtiger ist es, hier bei entsprechendem Verdacht frühzeitig zu reagieren. Außerdem kannst Du durch eine angepasste, medikamentöse Therapie und einen gesunden Lebensstil einiges dafür tun, um den Ausbruch von Begleiterkrankungen zu verhindern sowie deren Umfang möglichst gering zu halten.

Dies war ein erster Überblick über die Rheumatoide Arthritis. Informationen zur Diagnosestellung und Behandlung sowie Sonderformen der Erkrankung und Vertiefungen in den verschiedenen Bereichen findet Ihr in unserem Wissensbereich.

Quellen

Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie (2019): Management der frühen rheumatoiden Arthritis (S3-Leitlinie). AWMF-Registernr.: 060-002. 2019.

Smolen JS, Landewé RB, Bijlsma JW et al. EULAR recommendations for the management of rheumatoid arthritis with synthetic and biological disease-modifying antirheumatic drugs: 2019 update. Ann Rheum Dis 2020; 79(6): 685-699.

Deutsche Rheuma Liga (2022): Rheumatoide Arthritis, https://www.rheuma-liga.de/rheuma/krankheitsbilder/rheumatoide-arthritis, zuletzt abgerufen am 24.12.2023

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