Eine Form der Therapie, die neben der klassischen Behandlung bei Rheuma insbesondere in Schubphasen zum Einsatz kommen kann, ist die Kältetherapie, auch Kryotherapie genannt. Wie genau diese Therapieform gegen Rheumasymptome helfen kann, welche verschiedenen Therapieansätze es gibt und welche Risiken und allgemeinen Empfehlungen beachtet werden sollten, erfahrt Ihr in diesem Artikel
Bei der Kältetherapie wird der Temperaturunterschied zwischen dem Körper und seiner Umgebung oder einem kalten Objekt genutzt, um ihn im Ganzen oder nur an bestimmten Stellen abzukühlen. Hierdurch können die Durchblutung vermindert, Stoffwechsel- und Entzündungsprozesse gehemmt, das subjektive Schmerzempfinden verringert und Schmerzen gelindert werden. Durch eine Kältetherapie kann auch eine Änderung der Muskelspannung bewirkt werden, was auch wiederum zur Verringerung von Schmerzen beitragen kann.
Bei einer lokalen Kältetherapie wird nur ein begrenzter Bereich des Körpers, wie etwa ein einzelnes Gelenk, eine einzelne Extremität (z.B. linke Hand, linkes Bein) oder ganz kleinflächig ein einzelnes Hautareal, gekühlt. Maßnahmen der lokalen Kältetherapie kommen beispielsweise bei Prellungen, Zerrungen oder Knochenbrüchen aber auch anderen lokalen Beschwerden wie etwa einem Tennisarm oder Fersensporn zum Einsatz.
Darüber hinaus finden sie bei Arthrosen und entzündlich-rheumatischen Erkrankungen Anwendung, wobei Schmerzen gelindert und Entzündungsprozesse gemindert werden sollen. Ein beliebtes Hausmittel, das vor diesem Hintergrund vermutlich den meisten Rheumatikerinnen und Rheumatikern aus eigener Erfahrung bekannt sein dürfte, ist der Quarkwickel, der zur Behandlung akuter Entzündungen eingesetzt wird.
Neben dem Quarkwickel können Eisgranulat und Eiswürfel in Stoffbeuteln, gestielte Eisroller, Kältekompressen, Gelpackungen, kalte Gase oder Eisteilbäder je nach rheumatischem Beschwerdebild eingesetzt werden. Ungeachtet der genannten Maßnahmen kann, je nach Beschwerdebild, auch die Ganzkörper-Kältetherapie, also die ganzheitliche Kältetherapie des Körpers, Beschwerden lindern. Eingesetzt wird sie unter anderem bei Bänder-, Gelenks- und Muskelverletzungen, Arthrosen, aber auch systemischen Erkrankungen wie der Rheumatoiden Arthritis, dem Morbus Bechterew, der Psoriasis Arthritis, der reaktiven Arthritis oder weiteren rheumatischen Krankheitsbildern.
Darüber hinaus kann die umfassende schmerz- und entzündungshemmende Wirkung einer Ganzkörper-Kältetherapie nach Operationen im Reha-Prozess sinnvoll sein. Wie bei den Maßnahmen der lokalen Kältetherapie gibt es auch hier verschiedene Möglichkeiten der Kälteexposition (Kälte-Aussetzung), die von behandelnden Ärzten verschrieben werden können. Zum einen können Patientinnen und Patienten zur Behandlung Kältekammern aufsuchen, die in der Regel auf -70 bis -120 °C heruntergekühlt sind. Hierbei wird Badekleidung getragen, wobei besonders kälteempfindliche Körperteile wie die Hände, die Füße, das Gesicht oder die Ohren abgedeckt werden. Der Gang in eine solche Kammer dauert maximal drei Minuten pro Sitzung und kann mehrfach täglich wiederholt werden. Zum anderen stehen Betroffenen, oft in Kombination mit physiotherapeutischen Behandlungen, Eistauchbäder als Option offen. Hierbei nehmen die Patientinnen und Patienten ein Vollbad in einem etwa 1 bis 12° C kalten Becken mit Eiswürfeln bestücktem Wasser. Das Bad kann hierbei mehrere Minuten durchgeführt werden, wobei anschließend eine Möglichkeit, sich zu Wärmen, zur Verfügung stehen sollte. Abhängig von der Stärke des Kältereizes, können Begleitsymptome wie ein starkes Kältegefühl oder brennende, stechende Schmerzen auftreten, wobei diese in der Regel nur kurz anhaltend sind.
Je nach Art, Dauer und zugrundeliegender Erkrankung, können Maßnahmen der Kältetherapie Risiken mit sich bringen, die vorab bedacht werden sollten. So kann beispielsweise eine zu lange oder falsche Anwendung von Eisbeuteln, Eiskompressen, Eistauchbädern und anderen Anwendungen zu Erfrierungen führen. Bei bestimmten Kälteanwendungen muss darüber hinaus ein direkter Hautkontakt vermieden werden, um hier Schäden und Verletzungen zu vermeiden. So kann bei Eiskompressen oder Eisbeuteln eine Stofflage zwischen der Kompresse oder dem Beutel und der Haut Erfrierungen vorbeugen. Darüber hinaus ist bei Betroffenen mit bestimmten Vor- und Begleiterkrankungen von der Kältetherapie dringend abzuraten. So muss etwa bei Patientinnen und Patienten mit einer sogenannten Kryoglobulinämie oder einer Kälteurtikaria, bei der die Haut infolge der Kälte juckende Quaddeln entwickelt, verzichtet werden. Auch für Menschen mit Durchblutungsstörungen wie etwa dem Raynaud-Syndrom, welches bei Rheumatikerinnen und Rheumatikern gehäuft auftritt, ist eine Kältetherapie ungeeignet. Gleiches gilt bei Sensibilitätsstörungen, die etwa infolge von Diabetes auftreten können.
Während und nach einer lokalen Kälteanwendung sollte der restliche Körper gut warm gehalten werden. Selbes gilt nach einer Ganzkörper-Kältetherapie. Ein guter Ansatz kann hier beispielsweise ein Nachruhen im vorgewärmten Bett sein. Generell ist vor und nach der Anwendung von Maßnahmen der Kältetherapie zu betonen, dass sich unbedingt an die Anweisungen der behandelnden Ärzte und Therapeuten gehalten werden sollte, um etwaigen Problemen vorzubeugen.
Quellen:
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Öffentliches Gesundheitsportal Österreichs: "Kryotherapie", unter: www.gesundheit.gv.at (Abruf: 06.12.2021)
Papenfuss, W.: Die Kraft aus der Kälte. Ganzkörperkältetherapie bei -110 °Celsius, Edition K, 2005
Pschyrembel Online, Klinisches Wörterbuch: www.pschyrembel.de (Abruf: 06.12.2021)